S. 161 - 170


B. Wenn wir zu unserer Hauptaufgabe zurückkehren, so werden wir sehen, dass noch nichts gewonnen ist. Unser Leib ist die ursprüngliche Darstellung unseres ganzen ursprünglichen Wollens, aber es kann nur teilweise darauf reflektiert werden. Wie ist das möglich? Durch meinen reinen Willen //161// ist mein Sein auf eins gegeben, aber ich kann nur teilweise darauf reflektieren. Wenn ich auf meinen ganzen Willen auf einmal reflektieren könnte, so würde die Reflexion auf meinen ganzen Leib damit verknüpft; aber ich kann das erste nicht, sonach kann ich auch das zweite nicht.

Die Schwierigkeit, mit der wir hier zu kämpfen haben, ist die: Ich bin im Reflektieren frei; aber mein Reflektieren ist ein Herausgreifen aus der Masse, sonach ein Begrenzen. Aber ein Begrenzen mit Bewusstsein ist nicht möglich, ohne dass ich etwas über die Grenze hinausliegendes Angenommenes kenne; dies ist aber nicht möglich, mithin auch die Reflexion nicht. Die Schwierigkeit ließe sich nur so heben: Die Begrenztheit müsste sein, ohne dass ich sie durch Reflexion hervorbrächte, sie müsste ein ursprünglich Gefundenes sein, ein ursprüngliches Gefühl.
Nota.
- "...so werden wir sehen, dass noch nichts gewonnen ist": Das hören wir immer wiedermal in seinem Vortrag. Es bedeutet nur, dass das Entwerfen des Gesamtmodells des vernünftigen Bewusstseins nicht Stück für Stück, durch schrittweises Aufhäufen positiv bestimmter Bausteine geschieht, sondern dass spekulativ die Bedingungen aufgesucht werden, unter denen ein Gesamtmodell möglich würde; und eine jede gilt nicht für sich, sondern nur unter der Prämisse, dass das Gesamtmodell wirklich zustande kommt; also hypothetisch, bedingt, "problematisch". Sollte am Ende das Gesamtmodell doch nicht gelingen, war alles vergeblich und entfällt. Das heißt: Gültig wird es erst zum Schluss, aber dann 'ganz und auf einmal'. Nicht die Einzelnen begründen das Ganze, sondern das Ganze rechtfertigt die Einzelnen; damit sie es begründen können.
Nota II. 
- Ob etwas aber ein Ganzes ist (d. h. sein soll) oder nur ein Teil, ist Sache der Reflexion - nämlich ihrer ersten und einfachsten Form, der Anschauung. 
Nota III. 
Das verbreitete Missverstehen der Wissenschaftslehre als eine Entstehungsgeschichte des Bewusstseins liegt daran, dass Fichte, wenn er von Bewusstsein redet, selbstverständlich das vernünftige Bewusstsein meint; er sagt es nur nicht, weil es tautologisch wäre. Doch 'vernünftig' ist hier Substanz, 'Bewusstsein' Akzidens. Die Wissenschaftslehre ist das artikuliert-lebendige Modell der Vernunft. Mit der Entstehung der Bewusstseine beschäftigt sich die Psychologie. 
JE

Anmerkung. Bis in den vorigen Paragraphen stiegen wir von unten herauf zum Intelligiblen, jetzt ist der Weg umgekehrt. 

Wir haben gesehen: Denken ist nicht ohne Anschauung, nun müsste bewiesen werden, dass Anschauung nicht ohne Gefühl sei. Wir haben allenthalben etwas Ursprüngliches gefunden beim Denken, das reine Wollen; beim Anschauen des Materiellen, beim Gefühl dürfte nun wohl auch etwas Ursprüngliches sein? 

Schon oben wurde gesagt: Ich bin ursprünglich bestimmt; im System der Sensibilität muss eine Veränderung hervorgehen. Hier ist die Frage, wo kommt diese Veränderung her?
 
Diese Veränderung kann ich nicht hervorbringen; denn ich könnte sie nur hervorbringen nach einem Begriffe von ihr, den habe ich aber nicht, sie müsste sonach von außen hervorgebracht worden sein, aber dann wäre sie nicht für mich, sie wäre Ding an sich. Es müsste daher so sein, dass ich die hervorbrächte und auch nicht, beides müsste zusammen sein. Dass sie von außen hervorgebracht würde, wäre Beschränktheit, dass ich sie hervorbrächte, wäre Tätigkeit. Die Aufgabe wäre sonach, Beschränktheit und Tätigkeit zu vereinigen.

Veränderung an sich ist nichts, sondern sie entsteht nur für ein diskursives Denken. Mein reines Sein verändert sich gar nicht, und doch kommt der Begriff der Veränderung im Bewusstsein vor, und insofern entsteht eine Zeit. 
 
α) Ich nehme einen bestimmten Zustand meiner selbst wahr, ich beziehe diesen bestimmten Zustand auf meinen ganzen Zustand, auf das ganze mögliche System meines Seins. Also allem Mannigfltigen in mehreren Zeitmomenten liegt ein Entgegengesetztes in einem Momente zu Grund.

β) Nun liegt in jenem Systeme meines Seins das Substrat desjenigen, das jetzt insbesondre auf eine bestimmte Weise wahrgenommen wird, mit darin und wird mit dem Ganzen zugleich gesetzt. Dasselbe Substrat X wird sich also entgegengesetzt und auf sich bezogen, sonach gesetzt in verschiedener Rücksicht.


Das passendste Beispiel dazu ist mein Leib; ich haben kein Total gefühl desselben (hier ist nur von dem artikulierten Teile desselben die Rede). Ich fühle nur einzelne Gleider, und durch Beziehung derselben auf eineinader bekomme ich erst einen Begriff vom Ganzen. Ich nehme nur wahr, in wiefern Veränderung da ist. Ich fühle nur, in wiefern ich einen Teil im Verhältnisse zum Ganzen verändere.

Ich kann meine Hand nur wahrnehmen, in wiefern ich sie in eine gegen das Ganze verschiedene Lage bringe. Aber Bewegung ist nur in Beziehung auf Ruhe möglich. - Ruhe ist der Terminus a quo; wenn ich meine Hand bewege, so muss ich sie denken als sille gelegen habend. Die Hand wäre hier das Substrat, Ruhe und Bewegung die beiden Rücksichten, die unzertrennlich sind.

Nota.
- "Es ist hier nur vom artikulierten Teil desselben die Rede": Das ist keine opportune Einschränkung; nur der unterliegt meinem freien Willen, nur der kommt also in Hinblick auf das System der Vernunft in Betracht. Gefühle mag ich auch am Blinddarm haben, aber den kann ich nicht 'von innen' beeinflussen, sondern nur durch Inanspruchnahme ärztlicher Kunst und Wissenschaft 'von außen'.
Wäre wie Wissenschaftslehre, wie viele meinen, eine Entwicklungslehre 'des Bewusstseins', dann wäre es allerdings verwegen, "das Gefühl" grundsätzlich aus der 'Beschränkung meiner realen Tätigkeit' zu erklären; der Blinddarm meldet sich auh gern, wenn einer gar nichts tut. Die Wissenschaftslehre ergründet, 'was Vernunft ist'; da spielt der Blinddarm nicht systematisch eine Rolle, sondern schlimmsten Falls eine akzidentielle.
JE

γ. Woher nun die verschiedenen Rücksichten desselben Substrats X? Sie müssen aus Gesetzen des Denkens hervorgehen, wenn die Philosphie transzendental sein soll. Mithin bleibt die Fragen: Woher die doppelte Ansicht von X aus den Gesetzen des Denkens?

δ. Sie ist eine ursprüngliche, keine erworbene; aber das einzige Ursprüngliche ist der reine Wille. Es müsste sonach eine doppelte Ansicht des reinen Willens selbst geben - eine solche ist oben aufgezeigt worden. Im reinen Willen liegt Wollen, Kraft und Beschränktheit; wenn es nun diese doppelte Ansicht wäre, worauf sich die Reflexion auf den bestimmten Zustand gründete, so müsste in dieser Reflexion das Wollen und die Be-//163//
schränktheit vereinigt sein. Es müsste möglich sein, dasselbe X meines Zustandes in demselben Momente als seiend und nichtseiend, als völlig entgegengesetzt anzuschauen, doch so, dass eins ohne das andre nicht möglich wäre.

Es kann nur auf eine Begrenztes reflektiert werden, wo soll dies herkommen? Die Schwierigkeit ist die: wo im ursprünglichen Objekte der Reflexion, im reinen Willen ein Mannigfaltiges sein könne. Wir haben die bestimmte Antwort: Es ist ursprünglich auch Begrenztheit, so ursprünglich wie der reine Wille selbst, auf diese Begrenztheit wird der reine Wille auf mannigfaltige Weise bezogen, und in dieser Beziehung wird er selbst ein Mannigfaltiges.

Die Sache der Reflexion ist lediglich diese Beziehung auf diese Synthesis. Sie kann nun geschehen oder nicht, so oder anders, und so ist der oben aufgestellte Satz: Ich bin frei, in dem Mannigfaltigen zu reflektieren, auf welches ich will, verständlich. Durch diese Reflexion wird der wille auf die Begrenztheit bezogen, auf mannigfaltige Weise, und ihr entstehen die mannigfalitgen Objekte. Die Reflexion ist lediglich ein synthetisches Vermögen.

Dies ist ein wichtiger Satz für das Ganze. Alles empirische Wllen, Denken etc. beruht auf dieser Synthesis des reinen Wollens und der ursprünglichen Beschränktheit. Beides ist dem empirischen Bewusstsein gegeben, vor allem Bewusstsein da; aber die Synthesis ist nicht ursprünglich, sondern hängt von der Reflexion ab. 

Nota.
- Die Reflexion bringt nichts Neues hervor, sie ist lediglich synthetisch und fügt zusammen, was in irgendeiner Hinsicht ursprünglich zusammen war. (Produktiv ist die Einbildungskraft, sie ist real; was sie hervorbringt, kann analysiert und wieder zusammengefügt werden.) Dass Beschränktheit des reinen (!) Willens ursprünglich da sein muss, damit die Philosophie transzendental bleiben kann, beweist aber nicht, dass sie wirklich da ist. Wir wollen hoffen, dass er uns auch das noch demonstriert, sonst möchte die Philosophie womöglich aufhören, transzendental zu sein, und wir hätten us vergeblich angestrengt.
JE

ζ. Nur in wiefern es möglich ist, mich in verschiedener Rücksicht  anzusehen, ist Bewusstsein möglich. Das unter δ Aufgestellte: Ich muss mich in derselben Rücksicht setzen als seiend und nicht seiend, muss wahr sein, denn es ist die Bedingung des Bewustseins. 

Mein reines Wollen ist anschaulich dargestellt in meinem Leibe, dieser ist die sinnlich Kraft, und diese müsste es sein, die sich anschauen ließe in verschiedener Rücksicht. Ich müsste //164//dasselbe X wollen oder (synthe- tisch betrachtet) tun können, was ich in anderer Rücksicht nicht wollen, nicht (in synthetischer Hinsicht) tun könnte. Also meine ganze sinnliche Kraft müsste angesehen werden können in doppelter Rücksicht. Dies gäbe eine inneres und ein äußeres Organ, und beide müssten in dem Verhältnis stehen, dass mit dem einen geschähe, was mit dem anderen nicht geschehen könnte.

Alles, was ich wahrnehme, alle Objekte sind nichts anderes als etwas meine Wirksamkeit Hinderndes, aber dass meine Wirksamkeit gehindert sei, weiß ich nur, inwiefern sie für mich vorhanden ist. Durch das äußere Organ ist sie nicht da, aber durch das innere wird sie nachgeahmt. (Ich kann nichts hören, außer in wiefern ich den Ton innerlich nachahme.)

Hierauf gründet sich alle Wahrnehmung
.

Nota.
 - Es ist wirklich nicht immer leicht, ihm zu folgen. kann nichts hören, außer in wiefern ich den Ton innerlich nachahme." Ich kann nichts sehen..., kann nichts riechen..., kann überhaupt nichts fühlen, "ohne dass ich..."?!
Sollte er es etwa so gemeint haben: 'Objektiv' sind lediglich elektrochemische Meldungen meiner Sinneszellen an meine Neuronen; hören, sehen, riechen und irgendetwas fühlen kann ich überhaupt nur, weil das Zusam- menspiel der Neuronen mir diese Eindrücke vor stellt - ?
JE

Wie verhält es sich mit der ursprünglichen Reflexion, die aller anderen vorauszusetzen ist? Antwort: Ich reflektiere auf mein Wollen; dies erscheint mir als Tun; und dies mein Wollen ist möglich und nicht möglich. Möglich innerlich, nicht möglich äußerlich. Innerlich und äußerlich heißt das innere und äußere Organ, welches selbst nichts anderes ist als meine Kraft, angesehen in doppelter Hinsicht. 

Wollen und Tun ist einerlei. Wollen ist es, wenn es bloß gedacht wird, Tun ist es, wenn es nur angeschaut wird. Hier erhalten wir die Auflösung der Frage: Wie ist unsere Kausalität, unsere Wirksamkeit in der Sinnenwelt möglich? Wollen und Wirken ist nichts als Wollen. Die Wahrnehmung unserer Wirksamkeit ist nichts als die Wahrnehmuung unseres gedachten reinen Wollens.

Alles unser Wirken ist nichts als Denken, das Einzige, was wir mit Freiheit vermögen, ist das Denken, denn wir sind nichts anderes als Intelligenzen.

Ich kann nicht wollen, was nicht wird; alles, was ich kann und nicht wirkliche tue, will ich nicht, sondern es ist ein bloßer ohnmächtiger Wunsch.
 

Nota.
- Sofern ich unter Ich ausschließlich das Vernunftwesen an oder in mir verstehe - sofern ich nämlich ein Modell der Vernunft entwerfen will -, kommt unter all dem, was ich als empirische Person wirklich tue, nur mein Denken in Betracht, denn das allein ist frei und kann daher Vernunft begründen.
JE.
 
//165// Kant hat die Frage, wie unsere Wirksamkeit möglich sei, auch beantwortet: "Das Begehrungsvermögen ist das Vermögen, durch einen Begriff Ursache von einem Objekte zu werden." Er hat aber nicht gesagt, woher es kommt.

Dozent nimmt Begehren in einem andren Sinne und setzt es dem Wollen entgegen als das bloß ideale Denken des Wollens. Bei Kant aber ist das Begehrungsvermögen der genetische Begriff des Wollens und der Willkür.

4) Ich, das Reflektierende, beschreibe innerlich, was ich äußerlich nicht kann, und danach wird erst für mich eine Wahrnehmung. Wie erhalte ich nun diese Erkenntnis des Nichtkönnens? Dies weiß ich durch Gefühl. Aber woher kommt denn das Gefühl? Gefühl ist Affektion meiner selbst, aber nicht in der Zeit. Es sind nicht Dinge, die in diesem Momente so und in einem andern wieder anders einwirken; dies wäre transzendent. Das Gefühl oder das Gefühlsvermögen ist die unmittelbare Beziehung der Beschränktheit unseres Willens auf die Reflexion. 

Der Wille ist ursprünglich beschränkt, und dadurch wird er ein Wille. Diese Beschränktheit ist aber nicht für das Ich, und das Ich ist nicht für sich, das Ganze Idee [sic]. Jetzt aber tritt Reflexion ein, und zwar die absolut freie Reflexion, diese strebt, auf den Willen in der Totalität in beiden oben angegebenen Richtungen zu reflektieren. Dies kann sie aber nur in der einen Rücksicht, im inneren Organ, beschreiben. Die Reflexion ist das in der Zeit Beschränkte, und die unmittelbare Äußerung dieser Beschränktheit ist das Gefühl.

Ich fühle, in wiefern ich empirisch bin. Das, was nur empirisch sein kann, ist das Reflexionsvermögen, das in der Zeit beschränkt ist. Das ursprünglich Beschränkte ist der Wille, folglich müsste die Reflexion auf den Willen beschränkt sein.

Keine Reflexion ohne Gefühl et vice versa, denn durch das Gefühl gibt das Ich der Beschränktheit Etwas hin.
 

Nota.
- Hier haben wir es endlich, das oben so schmerzlich vermisste "intellektuelle Gefühl"! Das heißt - wir haben das; was er meint. Einsichtig wird es mir jedenfals dadurch noch nicht. Zwar kann ich verstehen, dass meine Tätigkeit durch die Reflexion in die Zeit fällt und dadurch empirisch wird. Aber dass sich ipso facto daraus ein 'Gefühl' ergäbe, das mit hören, riechen, sehen und schmecken vergleichbar wäre oder gar mit dem Schmerz, wird mir dabei kein bisschen plausibler.
Nota II.
- Ich glaube fast, unter 'Gefühl' versteht er bloß das Bemerken der Willensanstrengung in dem Moment, wo ich meine Aufmksamkeit auf etwas richte.
JE


Der Satz war schon oben da in einem anderen Sinne, im Verhältnis der Dependenz, hier im Verhältnis der Wechselwirkung. 

Wir haben jetzt das Gefühl selbst erklärt und abgeleitet, haben wieder das Gefühl postuliert als Bedingung des Bewusstseins. Es wäre ein unerklärliches Erstes. Aber dadurch könnte ein Dogmatismus veranlasst werden, denn man könnte über diese Grenze doch denken, und dann würde man das Grfühl erklären //166// wollen durch Dinge, die das Gefühl affizieren sollen, und dadurch würde das Ich selbst Ding.

§ 14. [Zusammenfassung] 

Der reine Wille ist unmittelbares Objekt alles Bewusstseins und aller Reflexion (§ 13); aber die Reflexion ist diskursiv; er, der reine Wille, müsste sonach ein Mannigfaltiges sein. Dies ist er ursprünglich nicht, sondern wird es erst durch Beziehung auf seine Beschränktheit, wodurch er Wille wird, in der Reflexion selbst, welche absolut frei ist, und deren Freiheit und ganzes Wesen überhaupt in dieser Beziehung besteht, teils dass sie überhaupt geschehe, teils dass sie so oder anders geschehe. Diese Reflexion erscheint als ein Wollen, in wiefern sie selbst bloß gedacht, und als ein Tun, in wiefern sie angeschaut wird. Und sie ist der Grund alles empirischen Bewusstseins.

Im einzelnen Akte derselben erblickt das Vernunftwesen sich in doppelter Rücksicht, teils als beschränkt, teils als handelnd in der Beschreibung der Beschränkung; das erste äußerlich, das letzte innerlich, und dadurch schreibt es sich zu ein Organ überhaupt, und dieses als innerliches und äußerliches. Die Beziehung der Beschränktheit auf die Reflexion ist das Gefühl. Das Beschränkende ist nur für die ideale Tätigkeit im Denken der realen, und so ist die unmittelbare Vereinigung der Erkenntnis des Objekts mit dem Willen erklärt.
Nota.
- Das ist wahr: Bisher erschien das Gefühl als ein "unerklärliches Erstes"; wahr ist aber auch, dass nichts mich daran hindert, nach seiner Ursache dennoch zu fragen: Die Unerklärlichkeit wäre bloße Behauptung, so dogmatisch wie die Rückführung des Gefühls auf 'Dinge', wodurch unter der Hand das fühlende Ich selber zu einem Ding unter anderen würde. 
Löst die folgenden Zusammenfassung des § 14 diese Schwierigkeit auf?
Die Aufgabe ist: Wenn das Gefühl etwas Wirkliches sein soll, muss es durch ein Wirkliches veranlasst sein: etwas, das in Raum und Zeit vorkommt; etwas, das wir gewöhnlich ein 'Ding' nennen; es soll aber nicht aus einer Wirkung des Dinges hervorgehen, sondern aus einer Tätigkeit des Ich; einer realen, auf welche die ideale reflektiert. Dann ist das Ich, das da real und ideal tätig war, die Substanz, das Ding bleibt Akzidens. Und das Gefühl ist erst 'es selbst' durch die ideale Tätigkeit = Reflexion. Der Vermittlungspunkt wäre die Vorstellung von einem Organ.
 Ist es das, was man aus der Zusammenfassung von § 14 herauslesen kann? Oder müsste man es gewaltsam hineinlesen?
JE
§ 15. Übersicht des Vorhergehenden

Der Geist unserer Philosophie ist: Kein vorgebliches Ding an sich kann Objekt des Bewusstseins sein. Nur ich selbst bin mir Objekt; wie lässt sich unter dieser Voraussetzung das Bewusstsein konstruieren? 

Wir können nur nach unseren Denkgesetzen erklären, und nach diesen muss die Antwort auf unsere Frage ausfallen. Unsere //167// Erklärung ist damit auch nicht an sich gültig; denn die Frage ist: Wie kann ein Vernunftwesen sein Bewusstsein erklären? 

Nun müssen wir zu Folge der Reflexionsgesetze zu allem Bestimmten ein Bestimmbares voraussetzen. Dies Gesetz haben wir bisher angewandt auf das Ich, welches Objekt der Philosophie ist. Nun aber ist der Philosoph auch ein Ich, folglich auch an dieses Gesetz gebunden. Das Ich ist sich selbst Objekt des Bewusstseins, sonach Subjekt und Objekt. Wir wollen beides auf einander beziehen. Zu diesem Behufe müssen wir beide auf einander beziehen als bestimmbar, sonach wird uns nach den Denkgesetzen das Ideale und Reale geschieden. Das Reale bedeutet nur das Objektive, das Ideale nur das Subjektive im Bewusstsein. 

Beides wird nun besonders betrachtet als bestimmbar, und dieses Denken gibt uns das bloß Intelligibele. Das Intelligible ist sonach nicht an sich, sondern etwas für die Möglichkeit unserer Erklärung nach den Denkgesetzen Vorauszusetzenden. So behandelt es auch Kant, und jede andere Ansicht wäre transzendent. 

Das ursprünglich Reale ist der reine Wille, das Bestimmbare in unseren Bestimmungen. Das Ideale ist ein Reflexionsvermögen, gebunden an verschiedene Gesetze, unter anderem auch an das Gesetz, dass nur Sukzessives aufgefasst und nur diskursiv gedacht werden.das erste ist ein Vermögen, Objekt zu sein, das letztere ein Vermögen, Subjekt zu sein. das erste ist das Vermögen, rein, das zweite [ein Vermögen,] empirisch zu sein.
Nota.
Zunächt einmal: 'Diskursiv', das heute in verschiedenster Bedeutung gebraucht wird, verwendet er als bestimmtes Korrelat zu 'sukzessiv'. Da wir kein Ganzes, sondern immer nur Teile auffassen können, und zwar eines nach dem andern, können wir sie nur denken, indem wir in unserer Vorstellung eines nach dem andern, in der Zeit, wieder aneinanderfügen.
Dies nennt er ein Denkgesetz.
Ein Denkgesetz sei auch, dass wir zu jedem Bestimmten ein Bestimmbares denken müssen. Ein 'Gesetz' soll das sein? Es ist lediglich eine Explizitierung dessen, was im Verb 'bestimmen' vorgestellt wurde. Das Vorgestellte ist als Ganzes Eins, ein Singulum, und als ein solches kann darüber keine Aussage gemacht werden (de singularibus non est scientia), man muss es in sich selbst unterscheiden, um es dar stellen zu können; die 'Teile' nach einander wieder zusammensetzen.
Das Vor gestellte ist das Gemeinte. Gemeint wird die Handlung des Bestimmens. Überhaupt jeder 'Begriff' ist le- diglich eine solche Handlung, die als Ruhe gedacht wird. Als Handlung 'hat' sie aber - denn das ist das im Bild der Handlung Gemeinte - wenigstens diese drei 'Teile': S p dass q. 
'Gesetz' ist daran, dass man aus einem Gehalt nur herausholen kann, was er enthält - in transzendentalem Sinn: was man hineingetan hat. Es ist das Verhältnis von realer und idealer Tätigkeit.
JE

Zu einer solchen Voraussetzung kommen wir durch die Denkgesetze. Nun fand sich die Schwierigkeit: Wie soll der reine Wille ein Mannigfaltiges für die Reflexion werden?  Es war die Antwort: Es [sic] wird dies lediglich durch seine Beziehung auf die Beschränktheit, welche gleichfalls ursprünglich ist. So ists auch im empirischen Bewusstsein. Der Wille für sich betrachtet ist nur eins. Man unterscheidet den Willen nur durch die Objekte, auf die er geht, dies ist nun hier die Beschränktheit. Die ganze Reflexion besteht in der Vereinigung des Mannigfaltigen der Beschränktheit. Ihre Freiheit besteht //168// darin, dass der Wille darauf bezogen werden kann oder nicht; dass er auf dieses oder jenes bezogen werden kann.

Aber in wiefern ich beschränkt bin, bin ich irgend etwas nicht, was ich aber nicht bin, das ist für mich nicht da. Nun aber liegt die Beschränktheit außer mir; wie werde ich mir nun ihrer bewusst? Antwort: Sie liegt nur zum Teil außer mir. Äußerlich bin ich beschränkt, aber nicht innerlich, meine äußere Beschränktheit ahme ich innerlich nach.

Aber hiermit ist die Frage noch nicht ganz beantwortet, und wir haben zunächst zu zeigen, was von unserer Schwierigkeit noch nicht gehoben sei, und in wiefern sie zu heben sei.

Ich ahme die Beschränktheit meines äußeren Organs innerlich nach; ich sehe ein Objekt - ich kann in einen gewissen Raum nicht eindringen und beschreibe eben die Fläche, die erfüllt ist. Das innere Organ ist in dieser Theorie nie beschränkt. Schwierigkeit:  Ich soll äußere Beschränktheit nachahmen, also ein äußeres Handeln, ich kann mir aber nichts einbilden, was ich nicht kenne; den Willen kenne ich, aber nicht das äußere Organ. Sonach bleibt ein Zirkel: Man bezieht sich auf die Beschränkung des äußern Organs; woher dieses [sic] selbst? -

Es steht so: Das, was ich wahrnehme, wird innerlich vollzogen, die Gestalt im Raume wird abgerissen durch die Einbildungskraft pp. Nun begreift sich, wie durch mein Organ eine solche Gestalt hervorgebracht werden kann, aber nicht, wie sie abgerisssen werden kann als durch das äußere Organ nicht zu bestimmen; und wie dem zufolge Objektivität angenommen werden könne. Es scheint, wir nehmen nur Einbildungen an. So ist - nichts erklärt. Lösung: Wir können nicht in der Versinnlichung bleiben, wir müssen auf den transzendentalen Standpunkt zurückgehen.
Nota.
- Das äußere Organ: das ist meine Sinnlichkeit; das innere Organ: das ist das Bild, was ich mir von jener mache. Im vorigen Eintrag war die Darstellung schließlich in der Sinnlichkeit angekommen. Wie wird das Sinnliche (nach allem Obigen müssten wir sagen: das Gefühl) zu einem Ideellen (zu einer bestimmbar-bestimmten Vorstellung)? Indem das innere Organ das äußere nachahmt: ab"bildet".
Das scheint eine bloße Wortspielerei zu sein; dass sie nichts begreiflicher macht als zuvor, gibt er zu und verweist uns auf den "transzendentalen Standpunkt" zurück. Die Sprache des Protokollanten wird undeutlich: War der Dozent undeutlich oder hat ihn bloß der Protokollant nicht recht verstanden? Wie dem auch sei: Der Versuch eines einstweiligen Zwischenberichts der Wissenschaftslehre ist nicht geglückt, aber man ahnt: Das war es, was er uns zeigen wollte.
JE
1.

Es wurde geredet von unsprünglicher Beschränktheit unseres Wesens, wodurch der Wille erst zum Willen wurde. Was sollte beschränt werden? Ein absolut Selbsttätiges, wass nur selbsttätig ist. Die kann nicht wie ein Sein beschränkt werden, dem wohl eine innere Kraft angestammt sein mag, die aber an die Quantität des Dinges geknüpft ist. Vide Beispiel einer immer mehr zu verringernden Kugel. 

So nicht //169// mit der Intelligenz, ihre Beschränkung soll stattfinden, ohne dass das Bewusstsein der aufgehobenen Realiät aufgehoben wird. Welche könnte es sonst sein? - (Beschränktheit, die bloß an die Tätigkeit also solche sich wendet, nicht aber an das Sein) nichts als Beschränktheit durch die Tätigkeit selbst - die Aufgabe, sich selbst zu beschränken, nicht eine sich aufdringende Beschränkung, sondern [eine,] die nur stattfindet, in sofern sie mit Freiheit aufgenommen wird. - Folgerungen daraus.  

A) Was jene Begrenzung eines ursprünglichen Willens bedeuten soll, ist klar; es ist das Ganze der Beschränkt- heit als das Bestimmbare zu allen in der Zeit vorkommenden Bestimmungen, die ich mir auflegen soll. Der Grund liegt in meinem endlichen Wesen; dass ich diese oder eine andere aufnehmen soll, beruht auf meiner Individualität, alles andere ist transzendent. Der reine Wille ist nur der, den ich in der Zeit haben soll, vide Sittenlehre ca. [S.] 200. Antwort auf die Frage: Wer bin ich? Aber wer soll ich sein? Die Individualität ist bestimmt nicht durch ein Sein, sondern durch ein Gesetz, es ist vorgeschrieben für alle Zeit, was ich werden soll.


Der reine Wille ist beschränkt, dies ist kein Menschenverstand, denn er ist ja nicht im Raume ausgedehnt, er ist Sponaneität und kann nur durch sich selber beschränkt werden. Es heißt also: Es liegt in meinem ganzen Sein ein Gesetz des Wollens (Sittengesetz), es ist nicht qualitas occulta wie bei Kant, es ist ein Gesetz, das ich selbst mir mache. - Die Beschränktheit der Selbsttätigkeit ist nicht Beschränktheit durch ein wahrnehmbar Objektives, sondern durch einen Begriff. Die eigentliche Aufgabe wäre: Wie wird dieser Begriff aufgefasst, und wie kommen wir zu der Vorstellung, gewisse Vorstellungen zu haben?
Nota.
 - Ich kann keinen Zusammenhang herausfinden. Liegt es an Krauses Mitschrift? Fichte wünschte nicht, dass seine Hörer seinen Vortrag mitschreiben sollten, denn dann könnten sie sich nicht auf den Sinn konzen- trieren und das Vorgetragene nicht verstehen. Sie sollten sich lediglich Stichpunkte notieren und das Ganze zu Haus in ihren eigenen Worten rekonstruieren. - An dieser Stelle scheint Krause weder ganz das eine noch ganz das andere getan zu haben; der rote Faden geht verloren.
Worin die ursprüngliche Beschränktheit des "absolut freien" reinen Willens bestehen soll, ist allerdings erklärungsbedürftig. Sie soll jedenfalls eine Selbstbeschränkung sein, die ihrerseit "ursprünglich" ist, die ich jedoch "selbst mir mache". Ein Begriff soll es sein, der indessen "in meinem ganzen Sein" liegen soll. Dieser sei das Sittengesetz.
Angenommen, so sei es gemeint; einsichtig ist es aber nicht, vielleicht kommt das noch?
JE

Beispiel im Allgemeinen

(Nur um deutlich zu werden. Wenn ich jemanden hören will, muss ich nicht reden, nicht physisch bin ich ge- zwungen, sondern nur hypothetisch, nach einer selbst angefügten Aufgabe als Zweck; die Beschränkung ist die des äußeren Sprachorgans; sie ist physisch nicht zu erklären.)
 
Übersicht 

Beim Dogmatiker ist das Ding das erste, der Begriff das zweite; der Idealist kehrt es um, er kommt von dem Begriffe zum Sein. Zwischen diesen beiden Verhältnissen liegt ein drittes: dass sogar ein Begriff (nicht als Zweckbegriff angesehen) //170// sei, aus dem das Sein folgen soll. Bei diesem Satze stehen wir bestimmt jetzt.

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